Tipp: Richtig lüften!

In vielen Fachpublikationen, Broschüren, Hausordnungen usw. wird immer wieder pauschal darauf hingewiesen, dass „ausreichend“ gelüftet werden muß. Jedoch was ist unter „ausreichend“ zu verstehen?
Prinzipiell ist Lüften aus mehreren Gründen erforderlich:

  • Austauschen von „verbrauchter“ Luft gegen „frische“: (Sauerstoff zum Atmen)
  • Abführen von Gerüchen und Schadstoffen (z.B. Ausdünstungen aus Mobiliar)
  • Abführen von Feuchtigkeit

Im Folgenden wird nur noch das Lüften zum Abtransport von Feuchtigkeit behandelt.

JETZT bitte Lüften!Zu hohe Luftfeuchtigkeit hat für Bausubstanz und Bewohner verschiedene negative Auswirkungen.
Eine für die Bewohner besonders gravierende (weil auch schnell sichtbare) Folge zu hoher Feuchtigkeit ist das Wachstum von Schimmelpilz. Aus hygienischen Gründen ist Schimmelpilzbildung zu vermeiden.
Als angenehm wird von den meisten Menschen empfunden, wenn die Luftfeuchtigkeit zwischen 40%relF und 60%relF liegt.
Schimmelpilz benötigt zum Wachstum eine höhere Feuchte. Ideal ist eine Feuchtigkeit von über 80%relF.
Der Anstieg der Feuchtigkeit in Innenräumen entsteht hauptsächlich durch die Nutzung durch uns Menschen. Durch Atmen und schwitzen geben wir Feuchtigkeit an die Raumluft ab. Durch Duschen. Kochen, Blumen gießen, usw bringen wir weitere Feuchtigkeit in die Raumluft.

Anmerkung:
Erhöhte Feuchtigkeit durch Wasserschäden sind gesondert zu behandeln, evtl ist hier eine technische Trocknung erforderlich. Bei erhöhter Feuchtigkeit im Keller durch z.B. defekte Abdichtungen oder Horizontalsperren ist Lüften allein meist nicht ausreichend, evtl sind hier weitere Maßnahmen (z.B. Abdichtungen) erforderlich, fragen Sie uns.

Durch die heute aus Energiespargründen sehr dichte Bauweise findet kaum noch eine ungewollte Lüftung statt. Das bedeutet, dass alle in einer Wohnung produzierte Feuchtigkeit durch aktives Lüften durch den Benutzer aus dem Raum abgelüftet werden muß.
Aus oben gemachten Ausführungen ist schon nachzuvollziehen, dass eine allgemeine Aussage „3 x am Tag 10 Minuten stoßlüften“ sehr vage ist.
Bei einer 4-köpfigen Familie, bei jeder 1x am Tag duscht, entsteht wesentlich mehr Feuchtigkeit, als bei einem 1-Personenhaushalt, wo der Bewohner im Sportverein nach dem Training duscht.
Die Lüftungsdauer ist also immer von der im Raum produzierten Feuchtigkeit abhängig.
Wenn pro Tag 5000g Wasser anfallen müssen diese entfernt werden, falls 20.000 g anfallen ist folglich ein wesentlich höherer Lüftungsaufwand erforderlich um die Menge von 20.000 g abzulüften.

Da wir Menschen kein „Sinnesorgan“ für Luftfeuchtigkeit haben, ist es sinnvoll einen Hygrometer (Luftfeuchtigkeitsmesser) im Raum aufzustellen. Dieser zeigt die vorhandene Feuchtigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur an.
Als Zielwert (Normklima) sollte eine Raumtemperatur von ca 20°C und ein Luftfeuchtigkeitswert von 50%relF angestrebt werden.
Die Luft kann in Abhängigkeit von der Temperatur verschieden viel Wasser aufnehmen. So kann ein Kubikmeter Luft bei 20°C maximal 17,3g Wasser aufnehmen, bei einer Temperatur von 10°C jedoch nur noch 9,4C. Das Hygrometer zeigt an wieviel (in %) der maximal möglichen Wasseraufnahme bei der jeweiligen Temperatur vorhanden sind. Die maximal mögliche Wasseraufnahme können Sie der folgenden Tabelle (Wasserdampfsättigungskonzentration) entnehmen.

Wasserdampfsättigungskonzentration

Die Wasserdampfsättigungskonzentration ist die Menge Wasser, die bei einer bestimmten Temperatur maximal aufgenommen werden kann (in g/m³) Befindet sich mehr Wasser in der Luft,fällt die überschüssige Menge als Kondenswasser aus.

Ersichtlich: Bei 0°C kann 1 m³ Luft maximal 4,85g Wasser aufnehmen, bei 20°C kann 1 m³ Luft 17,3 g Wasser aufnehmen.

Jg

in °C

cSat

in g/m³

Jg

in °C

cSat

in g/m³

Jg

in °C

cSat

in g/m³

Jg

in °C

cSat

in g/m³

Jg

in °C

cSat

in g/m³

– 200,88 – 102,14 04,85 109,39 2017,3
– 190,96 – 92,33 15,20 1110,0 21 18,3
– 181,05– 82,5325,571210,72219,4
– 171,15 – 72,7535,951311,3 2320,6
-161,27-62,9846,361412,12421,8
-151,39-53,2356,791512,82523,0
-141,52-43,5067,251613,72624,4
-131,65-33,8177,741714,52725,8
-121,80-24,1488,261815,42827,2
-111,96-14,4998,811916,32928,8

Beim Lüftungsvorgang wird nun die vorhandene Raumluft aus dem Raum gelüftet, im Gegenzug strömt Aussenluft in die Wohnung ein. Diese Aussenluft enthält nun aber ebenfalls eine gewisse Feuchtigkeit. Als Lüftungseffekt ergibt sich dadurch nur die Differenz zwischen der „abgeführten Feuchtigkeit“ und der „hereingelüfteteten Feuchtigkeit“. Also muss auch die vorhandene Luftfeuchtigkeit der Aussenluft berücksichtigt werden, um die erforderliche Anzahl und die Dauer der Lüftungsvorgänge zu bestimmen.

Der interessierte Leser wird nun feststellen, dass Lüften nur Sinn macht, wenn die eingelüftete Aussenluft absolut weniger Feuchtigkeit enthält als die abzulüftende Innenluft.
Anmerkung:
Bei Kellerräumen und Souterrainwohnungen macht Lüften im Sommer keinen Sinn. Im Gegenteil: Durch die hereingelüftete, wärmere Luft bildet sich im kühleren Untergeschoß Kondenswasser, was das Feuchtigkeits- und Schimmelpilzproblem weiter verstärkt.

Als „Faustregel“ gilt: Nur Lüften, wenn es draußen mindestens 3°C kälter ist als Innen. Dies ist im Winter eigentlich immer der Fall.

Da die Zusammenhänge zwischen Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Lüftungseffekt usw für den Laien anfänglich schwierig nachzuvollziehen sind, haben wir Ihnen ein kleines Rechenprogramm zusammengestellt („Lüftungsrechner“), in dem der Lüftungseffekt durch Eingabe einiger schnell zu erfassender Daten abgeschätzt werden kann.
Verändern Sie ruhig mal die verschiedenen Daten und probieren Sie, welchen Einfluss beispielsweise das Absenken der Aussentemperatur hat. Sie merken ganz schnell, dass auch bei niedriger Temperatur und Nebel (z.B. 2°C, 90%relF) Lüften einen guten Effekt bringt.

Schimmelpilzwahrscheinlichkeitsrechner
Die in der Raumluft gemessene Feuchtigkeit (relF) bezieht sich auf die in dem Raum vorhandene Temperatur. Nun gibt es aber an den Wänden Stellen, wo die Temperatur an der Oberfläche deutlich geringer ist. Dies ist z.B. an Wärmebrücken der Fall. Aber auch hinter Mobiliar, das dicht an der Wand steht oder sogar hinter Bildern kann die Oberflächentemperatur geringer sein als die vorhandene Raumluft.
Wird warme, feuchte Luft abgekühlt, kann diese Luft weniger Feuchtigkeit aufnehmen (Tabelle Wasserdampfsättigungskonzentration). Wir kennen diesen Effekt aus dem täglichen Leben, wenn z.B. bei der Milchflasche, die wir aus dem Kühlschrank nehmen, sich an der Flasche Kondenswasser bildet. (Warme, feuchte Luft trifft auf kalte Oberfläche)
In unserer Wohnung ist der physikalische Zusammenhang genau der gleiche:
Wenn die wärmere Raumluft auf eine kältere Wandoberfläche trifft, ergibt sich dort eine höhere Luftfeuchtigkeit bis hin zur Kondenswasserbildung. An glatten Flächen (Fenstern, Spiegel, Fliesen,…) ist dies deutlich auch optisch zu erkennen, wo hingegen z.B. auf tapezierten oder verputzten Wänden die entstehende Feuchtigkeit in den Baustoff eindiffundieren kann. Steigt diese an der Oberfläche vorhandene Feuchtigkeit dauerhaft auf einen Wert von über 80%relF an, ist Schimmelpilzbildung unvermeidlich, falls an dieser Stelle auch noch Nahrung für den Pilz vorhanden ist (als Nahrung dient z.B. die Tapete, die Wandfarbe, auch Hausstaub kann bereits ausreichend sein). „Schimmelpilzwahrscheinlichkeitsrechner“

Zur ersten Abschätzung haben wir ein kleines Rechenprogramm erstellt, mit dem Sie durch Eingabe weniger Daten die Schimmelpilzgefahr abschätzen können.
Wir wünschen Ihnen viel Spass und Erfolg beim Anwenden der Programme.

Die Programme wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Sie dienen nur der Orientierung bzw der Abschätzung von bauphysikalischen Vorgängen und ersetzen nicht für den Einzelfall evtl weitergehende Berechnungen die von einem Fachmann vorzunehmen sind.
Bei Fragen oder Verbesserungsvorschlägen können Sie sich gerne an uns wenden.